Macht braucht Kontrolle

Kurierartikel vom 06.Juli 2009 - Gastkommentar von Herrn Dipl. Ing. Robert Gangl - Obmann BBSV-Österreich

Um unbeeinflusst und unabhängig ihre richterlichen Tätigkeiten ausüben zu können, sind Richter mit einer großen Machtfülle ausgestattet. Sie sind unabsetzbar und unversetzbar. Zusätzlich besitzen sie noch einen beachtlichen Schutz vor gerichtlicher Verfolgung.
Der Richter nimmt die Urteilsfindung in freier Würdigung der Beweise vor, er ist dabei vollkommen unabhängig. Die Kontrolle erfolgt durch Berufungsinstanzen.
Man sollte meinen, dass es durch diese Vorgangsweise keine oder nur wenige Fehlurteile geben kann. Leider ist das nicht der Fall, da die freie Beweiswürdigung von den Berufungssenaten nicht überprüft werden darf. Bei Berufungen wird das Urteil nur auf Verfahrensfehler hin untersucht. Verfahrensfehler sind eher selten. Die meisten Beschwerden gegen ein Gerichtsurteil beziehen sich jedoch überwiegend auf die freie Beweiswürdigung.
Das bedeutet, dass Berufungen bei einem Strafprozess fast sinnlos sind.

 

Beschwerden Im Fall Franz Ambrosi (Anm. d. Redaktion: 711 Tage lang beteuerte Ambrosi im Gefängnis seine Unschuld, Anfang Juni kam er frei) sind durch ungeschickte Prozessführung Fehler gemacht worden, die zum Schuldspruch geführt haben. Wenn nicht seine Schwester und andere Verwandte bereit gewesen wären, für die finanziellen Kosten eines Wiederaufnahmeverfahrens aufzukommen, hätte er bis zum bitteren Ende im Gefängnis bleiben müssen.
Es gibt zahlreiche Beschwerden bei Berufungsgerichten, Staatsanwaltschaften, bei Politikern sowie bei der Volksanwaltschaft. Die frühere Volksanwältin Dr. Fekter hat schon vor einigen Jahren die Einführung eines Justizanwaltes gefordert, um Justizirrtümer weitgehend vermeiden zu können. Die damalige Justizministerin Dr. Berger hat dieses Vorhaben verhindert. Es liegen bereits Tausende Beschwerden bei der Volksanwaltschaft vor, die jedoch wegen Unzuständigkeit nicht behandelt werden können. Schuld an diesem unwürdigen Zustand in unserer Justiz sind das Justizministerium und das Parlament.

 

Der Wille fehlt Obwohl dem Justizministerium und auch dem Justizausschuss im Parlament diese Unzukömmlichkeiten bei Gericht bekannt sind, fehlt es an der notwendigen politischen Kreativität und am politischen Willen, eine Änderung dieses unerträglichen Zustandes herbeizuführen. Der Fall Ambrosi stellt nur die Spitze eines Eisberges dar. Wenn man mit Rechtsanwälten, Gefängnisseelsorgern und anderen informierten Menschen spricht, so erfährt man, dass es zahlreiche Häftlinge gibt, die unschuldig einsitzen, jedoch nicht über die finanziellen Mittel verfügen, um eine Wiederaufnahme ihres Verfahrens durchsetzen zu können.
Meiner Ansicht nach entspricht das nicht den ethischen Normen unseres Landes, die auch für Richterinnen, Richter und Staatsanwälte gelten.

 

Hofrat DI Robert Gangl ist HTL-Direktor in Ruhe und Obmann der Bürgerinnen und Bürger Selbsthilfe Vereinigung.

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